Käthe Kollwitz ist nicht nur als Graphikerin bekannt, sie hat sich auch als Bildhauerin in die Kunstgeschichte eingeschrieben. Von insgesamt 43 plastischen Projekten sind 19 Bildwerke erhalten, 15 davon wurden in Bronze vervielfältigt.
Käthe Kollwitz ist beinahe 37 Jahre alt, als sie sich der Plastik zuwendet und 1904 in Paris einen achtwöchigen Bildhauerkurs an der Académie Julian belegt. Eine ernsthafte und intensivere Zuwendung zu Plastik ist gar erst ab 1909/1910 nachweisbar. So ist Silvester 1912 in ihrem Tagebuch zu lesen: »Ich habe fast nur plastisch gearbeitet in diesem Jahr.« Der daran anschließende Kommentar »Ich weiß nicht, ob ich was erreichen werde« verdeutlicht jedoch ihre Selbstzweifel, die sie auch in den folgenden Jahrzehnten nie ganz überwinden wird.
Das mühsame Ringen um die angestrebte, mit ihrem Inhalt übereinstimmende Form, manifestiert sich vor allem in dem Gefallenenmahl für den im Ersten Weltkrieg getöteten Sohn Peter. In fast siebzehnjähriger Arbeit – mal »mit mehr Zusammenreißung«, mal beflügelt von »Glücksgefühl« – kämpft sie mit der Plastik, um in dieser ihrem persönlichen Verlust, ihrer Trauer um den Sohn eine Form zu geben. 1932 wird es schließlich als Mahnmal aller im Krieg gefallenen Söhne gedenkend auf dem flandrischen Soldatenfriedhof in Vladslo aufgestellt, wo sich das Grab Peters befindet.
Ab den dreißiger Jahren tritt die Plastik erneut mehr und mehr in den Vordergrund ihres Schaffens und dominiert es bis an ihr Lebensende. In einem Brief an Gerhart Hauptmann schreibt sie 1937: »Die Plastik steht bei mir jetzt in erster Reihe.« Käthe Kollwitz fertigt in dieser Zeit meist Kleinplastiken, vor allem auch, da diese günstiger und auf engerem Raum hergestellt werden können. Denn unter Druck der Nazis hat sie aus der Preußischen Akademie der Künste, in die sie 1919 als erste Frau aufgenommen worden war, austreten müssen und damit auch ihr dortiges Atelier verloren.
Trotz des im Verhältnis zu ihrem graphischen Schaffen nur recht überschaubaren plastischen Œvres hat Käthe Kollwitz selbst immer wieder betont, wie viel ihr die Plastik als ein Grundanliegen ihres Wirkens bedeutet. Ihr Streben hin zum Wesentlichen in der Kunst, gibt ihr den Weg zur Plastik vor, denn im Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens steht immer der Mensch. Dessen Loslösung »von allem Umher, die Zurückführung der vielerlei Beziehungen auf die ganz primären menschlichen Gefühle, diese ins Zentrum gesetzt, das alles drängt zur Plastik« bemerkt schon die Schwester der Künstlerin, Lisbeth Stern, 1917 in Bildende Kunst. Käthe Kollwitz selbst schreibt zur gleichen Zeit in Bezug auf »Peters Arbeit« in ihr Tagebuch:
Ich darf sie nur ausführen, wenn es mir wirklich gelingt eine Form zu finden, die sich mit dem Inhalt deckt (…) Also bleibt nur die mir bekannte menschliche Form, die aber ganz destilliert sein muß.«
Käthe Kollwitz, Tagebücher, 6. November 1917
Das Käthe Kollwitz Museum ist im Besitz aller fünfzehn museal greifbaren Plastiken der Künstlerin, die meisten davon in besonders seltenen frühen Güssen.
Käthe Kollwitz, Frau mit Kind im Schoß, Modell um 1911, vollendet 1936/1937?, Bronze, Seeler 08 I.B.1.
Käthe Kollwitz, Mutter mit Kind über der Schulter, vor 1917, Bronze, Seeler 15 I.B.3.
Käthe Kollwitz, Liebesgruppe, 1913-1915, Bronze, Seeler 13 II.B.9.
Käthe Kollwitz, Selbstbildnis, 1926-1936, Bronze, Seeler 26 I.B.3
Käthe Kollwitz, Mutter mit zwei Kindern, 1932-1936, Bronze, Seeler 29 I.B.6.
Käthe Kollwitz, Grabrelief »Ruht im Frieden seiner Hände«, 1935/1936, Bronze, Seeler 30 III.B.1.
Käthe Kollwitz, Abschiedwinkende Soldatenfrauen, 2. Fassung, 1937/1938, Bronze, Seeler 32 I.B.1.2.
Käthe Kollwitz, Kindergruppe, vermutlich 1936/1937, Bronze, Seeler 33 I.B.8.
Käthe Kollwitz, Turm der Mütter, 1937/1938, Bronze, Seeler 35 II.B.1.
Käthe Kollwitz, Pietà (Mutter mit totem Sohn), 1937-1939, Bronze, Seeler 37 II.B.1.
Käthe Kollwitz, Die Klage, 1938-1941, Bronze, Seeler 38 I.B.3.
Käthe Kollwitz, Abschied, 1940/1941, Bronze, Seeler 39 I.B.1.
Käthe Kollwitz, Mutter schützt ihr Kind I, 1941, Bronze, Seeler 41 I.B.1.
Käthe Kollwitz, Mutter schützt ihr Kind II, 1941, Bronze, Seeler 42 I.B.1.
Käthe Kollwitz, Zwei wartende Soldatenfrauen, 1941-1943, Bronze, Seeler 43 I.B.1.